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Beitrag vom 01.06.2013
Lea Isabel Ramirez. Eine Spurensuche zwischen Vergangenheit und Gegenwart
Lea Isabel Ramirez
Taube Warech Burg, geboren 1897, ausgewiesen 1939, ermordet 1940 in Krakau. Sie wohnte zuletzt in der Sebastian Str. 79, in Berlin-Kreuzberg. Ihre Tagebuchrecherche führt die in Bogotá, ...
... Kolumbien, geborene jüdische Teilnehmerin durch die ganze Stadt.
29. Januar 2013
Ich erfahre auf der AVIVA-Homepage von dem Dialogprojekt und sende eine E-Mail an der AVIVA-Redaktion, weil ich erfahren möchte, ob und wie ich teilnehmen kann.
8. Februar 2013
Erstes Treffen in der Redaktion von AVIVA
Gespräch mit Sharon Adler und Britta Meyer in Kreuzberg. Trotz schlechtem Wetter habe ich mich gefreut.
Ich möchte über die Urgroßmutter väterlicher Seite meiner Tochter schreiben.
Ihr Name war Taube Warech Burg, geboren wurde sie im Jahr 1897, ausgewiesen 1939, ermordet 1940 im Ghetto Krakau. Sie wohnte zuletzt in der Sebastian Str. 79 in Berlin-Kreuzberg.
Ich werde ab jetzt meine Recherche dokumentieren und die AVIVA-Frauen möchten mehr über mich und meinen beruflichen Werdegang erfahren.
Ich plane nun, zunächst im Archiv der Synagoge am Fränkelufer zu suchen.
Eine andere Möglichkeit wäre der jüdische Friedhof Weißensee.
11. Februar 2013
Ich habe vergeblich versucht, die aktuelle Telefonnummer der Fränkelufer Synagoge zu finden.
Bei der alten Telefonnummer bekomme ich die Antwort, dieser Anschluss existiere nicht mehr.
Ich habe eine Mail mit meinem Anliegen und die Bitte um eine Antwort gesendet.
16. Februar 2013
Nun habe ich schon mehr über Taube herausgefunden:
Der Ursprung des Adolf Burg, Eltern Isaak Ben Burg und Taube Warech Burg, war Zaklikow in Polen. Die Familie kam in die Tschechoslowakei der ehemaligen österreichisch-ungarischen Monarchie. Sie ließen sich in Rumburk, Nordböhmen nieder, wo Isaak in der Schneiderei arbeitete. Am 28. April wurde 1917 Adolf Burg in Rumburk geboren. Vor 1938 gab es eine jüdische Gemeinde mit einer kleinen Synagoge in einem Gebetsraum. Um 1920 lebten achtzehn Juden in Rumburk, aber viel mehr lebten in der geschlossenen Umgebung der Stadt Varnsdorf. In Varnsdorf, auf dem jüdischen Friedhof, wurden die Mehrheit des verstorbenen jüdischen Volkes begraben. In den späten 1920er Jahren ließ die Familie sich in Berlin-Mitte nieder.
In dieser Zeit wurde Otto Fraenkel Rabbi in der Rumburk Gemeinde. Zwei der Mitglieder in der Vorkriegszeit-Gemeinde waren damals der Anwalt Max Meisl und seine Frau, die Englischlehrerin Mathilde. Max kam 1943 in dem Lager Theresienstadt um, Mathilde 1943 in Auschwitz. Ein weiteres Mitglied der kleinen jüdischen Gemeinde war der Arzt Vilelm Orlik, der in Theresienstadt ermordet wurde.
1930 feierte Adolf Burg seine Bar Mitzwah in der Großen Orthodoxen Synagoge Kreuzberg, Kottbusser Ufer, heute Fränkelufer. Nach der Machtübernahme durch die Nazis versuchte die Familie, in das amerikanische Dominion der Philippinen mit dem letzten Ziel New York auszuwandern, aber am Ende war es nicht möglich, da die Familie sehr arm war und es eine starke Einschränkung der Einwanderung in die USA gab. Im Oktober 1938 wurde sein Vater für immer aus Berlin nach Polen deportiert.
Adolf Burg floh 1939 durch Polen und die Ukraine und wurde in einem rumänischen Dorf versteckt. Aber er wurde verraten, weil er ein Jude war. Von der SS wurde er in einem Konzentrationslager in der Nähe Czernowitz interniert. Er war dem Tod extrem nahe. Aber in einer Nacht ergriff er eine Möglichkeit zur Flucht, durch das Ãœberqueren eines Flusses in die sowjetische Zone. Auf diese Art hat er überlebt. Er schloss sich der tschechoslowakischen unabhängigen Brigade in Osteuropa, die gegen die Nazi-Besatzung kämpften, an. Später kämpfte er in der Csl. Samostatne brigády v SSSR von General LudvÃk Svoboda und Oberstleutnant Karel Klapálek.
23. Februar 2013
Purim-Hüttenweg. Habe ich mich als Blondine verkleidet.
24. Februar 2013
Purim. Oranienburger Str. Lesung Megillat Esther in vier Sprachen: Deutsch, Ivrit, Russisch, Englisch. Wieder ich als Blondine, Roil Ima-Rab als Kardinal, eine schwangere Frau als Spiegelei. Sehr schön!
25.Februar 2013
Es fällt mir schwer, auf die Geschichte von Taube zuzugehen, denn ich bin ein froher, lebensbejahender Mensch. Ich liebe tanzen, essen, trinken, feiern, leben. Ich erinnerte mich wie ich gelitten habe, als ich versuchte, Adolf Abraham (der Großvater meiner Tochter väterlicherseits) über seine Verwandte auszufragen. Er blieb wie immer stumm und die Tränen kamen zu ihm.
Jetzt, wo ich versuche, über Taube und ihre Töchter zu schreiben, kann ich wieder den Schmerz nachempfinden, den er als einzelner Holocaustüberlebender seiner Familie gefühlt hat.
Ich habe vergeblich versucht, mit Mario (dem Vater meiner Tochter) und Nino (seinem Zwillingsbruder) Kontakt aufzunehmen. Ich weiß, dass dieses Schweigen eine der Folgen ist, die die Shoah auf die nächste Generation übertragen hat. Ich versuche, für meine Tochter und meine Enkelin etwas über das Leben und das Schicksal ihrer Vorfahren, besonders was die Urgroßmutter Taube betrifft, herauszufinden.
Ich finde es belastend, nach den früheren Namen der Straßen zu schauen, aber wenn das notwendig ist, um über die Menschen, die dort gelebt haben, zu recherchieren, werde ich es tun.
Am 25. März 2013 Pessach im Hotel Abion.
Der gefillte Fisch - fantastisch. Die Haggada Lesung schön und verkürzt.
In diesen Tagen war ich vor dem Haus Sebastian-Str. 79 in Kreuzberg, wo Taube Burg vor 1939 gewohnt hat. Es wurde wahrscheinlich das ganze Haus zerstört. Jetzt ist dort nur ein hässlicher Neubau. Die Stolpersteine liegen vor diesem Haus.
Ich habe wieder vergeblich versucht, mit den Enkelkindern von Taube, Nino und Mario Burg, Kontakt aufzunehmen. Ich wollte nach Fotos von ihnen nachfragen. So muss ich jetzt im Archiv der Jüdischen Gemeinde in der Fasanenstraße nachforschen.
Am 8. Mai 2013 war ich im Kino Arsenal. Jüdisches Filmfestival Berlin & Potsdam
Ich habe "PORTRAIT OF DAVID" und "REGINA - WORK IN PROGRESS" gesehen. Beides gute Filme, um die Vergangenheit zu bearbeiten. Die Regisseure sind aber junge Frauen. Ich denke inzwischen, dass man sich auch mehr auf die neuere Generationen konzentrieren muss, um ständig eine neue Gegenwart und einen neuen Zukunftsblick zu schaffen.
21. Mai 2013
Telefonat mit Sharon Adler, wir arbeiten weiter an dem Projekt und überlegen, wie wir noch mehr Informationen bekommen können. Außerdem machen wir einen Fototermin aus...
24. Mai 2013
Ich erkundige mich im Archiv der Jüdischen Gemeinde in der Fasanenstraße. Dort werde ich auf das Archiv des Centrum Judaicum hingewiesen. Auf der Homepage des CJ erfahre ich, dass für die Recherche ein Antrag notwendig ist.
26. Mai 2013
Fotos im Studio... wir arbeiten am Text und haben trotz des typisch schlechtem Wetters in Berlin viel Spaß. Sharon ruft für mich im Archiv Centrum Judaicum an und macht einen Termin für meine weitere Recherche aus... Ich bin gespannt, ob wir so noch mehr Mosaiksteine zu den übrigen hinzufügen können...
Alles, was ich in Erfahrung bringen kann, wird in diesem Beitrag nach und nach ergänzt... es bleibt spannend...
27. Mai 2013
Sharon Adler teilt mir mit, dass die Recherche im Archiv des CJ einige Zeit dauern wird, außerdem es ist nicht sicher, ob sie erfolgreich sein wird.
Lea Isabel Ramirez
Ich wurde in Bogotá, Kolumbien geboren. Meine Kindheit verbrachte ich in Bogotá und Cali. Ich bin die älteste von acht Geschwistern. Meine Mutter war spanischer Abstammung, mein Vater hat indianische Vorfahren. Meine Mutter ist vor 20 Jahren gestorben. Zuhause wurden wir nicht religiös erzogen, aber wir wurden in einer innigen Beziehung zu G´tt und zu einer jüdischen Lebensweise groß.
Als Jugendliche wollte ich mich religiös nicht betätigen. Als ich 1980 nach Deutschland kam, habe ich sporadisch die G´ttesdienste in den Synagogen Pestalozzistraße und in der Joachimstaler Straße besucht. Vor zehn Jahren habe ich angefangen, regelmäßig die G´ttesdienste in der Synagoge Sukkat Schalom zu besuchen. Ich war vor der Bet Din und wurde am 4.3.2008 offiziell in das Judentum in Berlin aufgenommen. Ich gehe weiter regelmäßig zur Synagoge Sukkat Schalom, wo progressives Judentum gelebt wird.
Ich möchte aktiv am jüdischen Leben in Berlin teilnehmen und freue mich, dass ich über das Leben einer jüdischen Frau recherchieren darf.
Beruflich habe ich zuerst Chemie studiert und mich naturwissenschaftlich betätigt, dann habe ich einige Zeit im medizinischen Bereich gearbeitet. Danach war ich im SAP Bereich beschäftigt. Zuletzt habe ich einen Master of Sciences in Human factors an der TU Berlin abgeschlossen und widme mich jetzt der Forschung der psychologischen Wirkungen des modernen Lebens und der zugehörigen Technologien.
Quellen:
Adolf Burg. Early Life Geocities.ws
The Jewish Soldier´s Red Star sovietjewishsoldiers.org
"30. Januar 1933 darf sich nicht wiederholen!" ND-Archiv, 31.01.1963
PRV–Vorsitzender ruft zum Kampf gegen Naziverseuchung "Sebastianstrasse (Berlin) de", Wikipedia.org
© Foto der Stolpersteine: Sarah Ramirez Burg
© Foto von Lea Isabel Ramirez: Sharon Adler
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Agentur für Arbeit Berlin-Brandenburg